10 Minuten Lesezeit
Highlights
Doch die etablierten Versicherer stehen im harten Wettbewerb. Und auch neue Player wie Insurtechs oder große Tech-Unternehmen drängen in den Markt. Versicherer bleiben in diesem wettbewerbsintensiven Umfeld erfolgreich, indem sie ihre Alleinstellungsmerkmale nutzen und gleichzeitig die neuen Wettbewerber verstehen und die Herausforderung aktiv angehen. Wenn sie ihre Produkte und Dienstleistungen konsequent auf die Bedürfnisse ihrer Kunden ausrichten und deren Vertrauen bewahren, können sie Wachstumschancen nutzen und eine führende Marktposition einnehmen. Wir untersuchen die aktuelle Versicherungslandschaft, entwerfen eine Zukunftsvision und empfehlen Maßnahmen, die Versicherer auf dem Weg in diese Zukunft unterstützen.
Versicherer bemühen sich, die Folgen von geopolitischen Konflikten, Inflation und dem vermehrten Aufkommen von großen Naturereignissen zu bewältigen. Hinzu kommen die steigende Nachfrage der Kunden nach digitalen Lösungen, Inkraftsetzung neuer Regularien, der Ausbau digitaler Kompetenzen und die Versicherbarkeit neuer Risiken.
Versicherer können in unserer zunehmend digitalen Welt nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn sie ihre Strategie neu ausrichten und sich auf Zukunftstrends mit hohem Wachstumspotenzial ausrichten. Die Versicherung der Zukunft wird Teil übergeordneter Ökosysteme sein – mit neuen Geschäftsmodellen, einer differenzierteren Kundenansprache, intelligenten Technologien sowie innovativen Produkten und Dienstleistungen. Risikomanagement und Kundenvertrauen bleiben dabei zwar zentrale Elemente, doch neue digitale Komponenten werden das Kundenerlebnis in mehreren Bereichen verändern:
Heute entwickeln sich die Unternehmen zu allgegenwärtigen Akteuren im Leben ihrer Kunden: Statt diese nur abzusichern, werden sie präventiv tätig.
Das Sprichwort „Vorbeugen ist besser als heilen“ passt gut zu diesem Ansatz. Versicherer nutzen die Erkenntnisse aus neuen Daten, um ihre Kunden vor möglichen Schäden zu warnen, bevor diese überhaupt eintreten. Dieses Modell geht über das klassische Versicherungsgeschäft hinaus, doch es liegt zweifellos im Interesse der Versicherer, dass Schadensfälle gar nicht erst eintreten.
Für Versicherer ist es an der Zeit, sich von ihrem traditionellen Absicherungsdenken zu lösen. Vielmehr sollten sie die Dinge, die ihren Kunden am Herzen liegen, aktiv schützen – insbesondere in einem zunehmend volatilen, unsicheren und komplexen Wirtschaftsumfeld. Beispielsweise können Versicherer ihren Kunden proaktiv raten, eine zusätzliche Police abzuschließen oder den bestehenden Versicherungsschutz zu erweitern, wenn ihre familiären Verpflichtungen zunehmen. In der Kfz-Sparte ist es möglich, Ratschläge zur vorbeugenden Wartung zu geben, um den Wert des Fahrzeugs zu erhalten und es später zu einem besseren Preis verkaufen zu können. In Produktionsbetrieben können Versicherer über die regelmäßige Wartung von Maschinen für den täglichen Betrieb informieren. Darüber hinaus können sie aufzeigen, wie Unternehmen den Wert ihrer Maschinen langfristig erhalten können. Im Falle einer Modernisierung können sie die alten Maschinen dann zu einem höheren Preis verkaufen.
Diese Transformation kann nur gelingen, wenn die Versicherer in den folgenden drei Bereichen aktiv sind: Schutz, Prävention und Erhaltung (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Schutz, Prävention, Erhaltung - der Weg in die Zukunft für Versicherer
Schutz: Einfühlsam, vernetzt und personalisiert
Versicherer sollten neue Risiken und Veränderungen in bestehenden Risikoprofilen, etwa Reputationsverlust oder Naturkatastrophen, proaktiv erkennen und abdecken. Die Zusammenarbeit mit Partnern im Ökosystem ermöglichen in diesem Bereich innovative und stark personalisierte Angebote. Dazu gehören beispielsweise nutzungsbasierte Versicherungen und eine parametrisierte Schadenbearbeitung. Es ist wichtig, dass Versicherer solche Risiken antizipieren und abdecken, mit denen ihre Kunde nicht rechnen – die aber durchaus auftreten könnten. Beispiele sind der Schutz vor einem unerwarteten Wintereinbruch oder einer Epidemie. Auf diese Weise werden Versicherer zu empathischen Dienstleistern, die im Leben ihrer Kunden allgegenwärtig sind.
Versicherer können das Vertrauen nutzen, das sie über Jahrzehnte aufgebaut haben. Wenn sie ihren Schutz weiter verbessern und auf andere Bereiche ausweiten, sind sie in der Lage, sich im Wettbewerbsumfeld durchzusetzen.
Um das Spektrum ihres Versicherungsschutzes zu erweitern, beteiligen sich Versicherer zunehmend an externen Ökosystemen, gehen Partnerschaften mit anderen Organisationen ein und entwickeln neue Produkte und Dienstleistungen. Auf diese Weise decken sie Risiken ab, die bisher nicht versichert waren (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Das erweiterte Schutz-Spektrum
Prävention: Das Versprechen von Sicherheit und Erfolg
Die Beziehung zwischen Versicherern und Versicherten wird sich vom Schutz hin zur Prävention entwickeln. Versicherer werden von Dienstleistern, die erst im Schadensfall eingreifen, zu aktiven Partnern. Auf diese Weise fördern sie nicht nur die Sicherheit, sondern beugen auch potenziellen Schadensfällen vor. Einige Lebens- und Krankenversicherer haben bereits innovative Präventionsprogramme entwickelt, um die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Kunden zu fördern. Kfz-Versicherer informieren mittels Telematik- und Fahrerassistenzsystemen über sicheres Fahrverhalten. Und Hausratversicherer integrieren Internet-of-Things Geräte wie Sicherheitskameras oder Druck- und Temperatursensoren in ihre Produkte. Auf diese Weise warnen sie ihre Kunden vor unerwünschten Ereignissen. Dieser Wandel hin zu einem präventiven Ansatz bietet Versicherern viele Möglichkeiten für eine sinnvolle Interaktion mit Kunden – und gleichzeitig erfüllen sie weiterhin ihre Kernaufgabe.
Versicherer können die Kundenbindung stärken, indem sie ihr Angebot über den reinen Schutz hinaus erweitern. Das heißt: Angebote zur Risikoprävention ausbreiten, auf vernetzte Ökosysteme setzen.
Um stärker präventiv zu agieren (siehe Abbildung 3), ist es für Versicherer ratsam, Ökosysteme aufzubauen oder sich an bestehenden Netzwerken zu beteiligen. Auf diese Weise können sie ihren Kunden helfen, ihre Ziele zu erreichen. Unerwartete Gesundheitskosten können beispielsweise eine Herausforderung darstellen. Deshalb ist es wichtig, die Kunden zum Abschluss einer Krankenzusatzversicherung zu bewegen. Dabei geht es nicht in erster Linie um den Verkauf als solchen, sondern darum, ein langes und gesundes Leben zu fördern.
Abbildung 3: Die Macht der Vorhersage führt zum Kundenversprechen des Wohlbefindens
Erhaltung: Wertschutz während der gesamten Kundenbeziehung
Versicherungen schützen Menschen vor den Unwägbarkeiten des Alltags, der Arbeit und der Wirtschaft. Sie bewahren den Wert ihrer Vermögenswerte (siehe Abbildung 4). Versicherer sollten darum den Wert eines versicherten Objekts in all seinen Aspekten verstehen und bewerten. Dabei ist es wichtig, die Faktoren zu identifizieren, die zum Werterhalt beitragen, und ihren Kunden entsprechende Maßnahmen zu empfehlen. Dies wiederum stärkt die Loyalität. Versicherer können ihre Kunden beispielsweise dazu ermutigen, ihren Lebensstil zu ändern, um ihr Wohlbefinden zu steigern.
Versicherer können in den Ökosystemen, die ihre Kunden bevorzugen, langfristige Beziehungen aufbauen und Mehrwert schaffen.
Versicherer erhalten den Wert der versicherten Vermögenswerte noch besser, wenn sie aktiv Ökosysteme mit Partnern aus verschiedenen Branchen nutzen und den Mehrwert aus dieser Zusammenarbeit voll ausschöpfen. Dafür müssen sie ihre Strategie kontinuierlich an die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen und ihre Angebote entsprechend umgestalten.
Abbildung 4: Werte erhalten, Kundenbedürfnisse erfüllen und Vertrauen stärken
Versicherungsprodukte und -dienstleistungen werden in verschiedenen Branchen direkt in die Kaufprozesse der Kunden bei Drittanbietern integriert. Ob Einzelhandel, Reise, Wellness, Hotelbuchung, Produktion oder Landwirtschaft: Kunden erwerben die entsprechende Versicherung direkt mit dem Primärangebot. Voraussetzung für diese Integration ist eine übergreifende IT-Infrastruktur, mit der Unternehmen auf die relevanten Daten zugreifen, daraus Erkenntnisse gewinnen und entsprechend reagieren können. Analytische Auswertungen ermöglichen hochgradig personalisierte Kundenerlebnisse und neue Vertriebsmodelle wie Embedded Insurance. Das erweitert den Versicherungsschutz (Versicherung von Nichtversicherten oder nicht versicherte Risiken). Technologien wie Quantencomputing, 5G, große KI-Sprachmodelle auf der Grundlage generativer KI und virtuelle Realität werden diese Entwicklung beschleunigen. Für Versicherer ist es daher unerlässlich, in den folgenden Schlüsselbereichen aktiv zu werden:
Kundenbindung
Kontinuierliches Engagement führt zu positiven Erfahrungen und einer starken Bindung. Mit dem so gewonnenen Vertrauen liefern Versicherer ihren Kunden zum genau passenden Zeitpunkt einen zusätzlichen Mehrwert.
Innovatives Geschäftsmodell
Ein Netzwerk von Ökosystemen für das eigene Unternehmen zu schaffen, ist eine komplexe Aufgabe. Folgende Aspekte gilt es dabei zu berücksichtigen:
Betriebliche Effektivität und Effizienz
Versicherer wirtschaften agil und zukunftsorientiert, wenn sie künftige Investitionen und Transformationen mit aktuellen oder bereits abgeschlossenen Maßnahmen zur Effizienzsteigerung orchestrieren. Sie sollten Investitionen in den folgenden Bereichen priorisieren:
Versicherer können in unserer zunehmend digitalen Welt nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn sie ihre Strategie neu ausrichten und sich auf Zukunftstrends mit hohem Wachstumspotenzial vorbereiten. Sie sollten ihre Kernkompetenzen im Bereich des Versicherungsschutzes stärken, in die Schadenprävention investieren und vernetzte Geschäftsmodelle entwickeln. Auf diese Weise erhalten sie den Wert der versicherten Vermögenswerte besser als je zuvor. Genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um in diese Zukunftsvision zu investieren.
Über die Autoren
K Ramamoorthy
K. Ramamoorthy ist Leiter der Insurance Industry Advisory Group (IAG) in der Geschäftseinheit Banking, Financial Services and Insurance (BFSI) bei TCS. Er verfügt über mehr als 28 Jahre Erfahrung in den Bereichen Beratung, Lösungsentwicklung und Programmmanagement für Versicherungsunternehmen.
Damianus den Hollander
Practice Lead - Insurance Central Europe bei TCS.
Johann Dedler
Head of Sales - Insurance Central Europe bei TCS.